Peyo
Pierre Culliford alias Peyo wurde am 25 Juni 1928 als Sohn einer belgischen Mutter und eines englischen Vaters in Brüssel geboren. Das Pseudonym Peyo leitet sich von seinem Vornamen Pierre ab. Als Kind wurde er Pierrot gerufen und wenn man das etwas undeutlich ausspricht klingt es wie Peyo.
Seine Kindheit und Jugend verbrachte er mit der Lektüre von Comicmagazinen wie etwa BRAVO oder HURRAH, in denen vor allem amerikanische Geschichten wie Flash Gordon oder die Disneycomics abgedruckt wurden. Neben Franquin und Hergé haben diese Vorbilder ihn am meisten beeinflusst. Schon früh wuchs in ihm der Wunsch Trickfilmzeichner zu werden und er besuchte dementsprechend die Akademie der Schönen Künste in Brüssel. Mit 17 bewarb er sich dann als Kolorist bei dem belgischen Trickstudio CBA.
Doch schon kurz nach Kriegsende wurde das kleine Studio durch den Import amerikanischer Filme aus dem Markt gedrängt und Piere schlug sich fortan als Illustrator in der Werbebranche durch und veröffentlichte humoristische Serien in verschiedenen Zeitschriften. Dabei entstanden unter anderem die ersten Abenteuer des Pagen Johan auf einer mittelalterlichen Burg, die ab April 1946 in der Zeitung LA DERNIERE HEURE abgedruckt wurden (-1949). Hier verwendet Culliford zum ersten Mal das Pseudonym Peyo.
Ab 1949 zeichnete Peyo für Le Soir, die auflagenstärkste Tageszeitung. die Serie Poussy (dt. Pussy) die bis 1955 ununterbrochen lief. LE SOIR war es dann auch, der Peyo mit der Veröffentlichung von zwei Fortsetzungsepisoden von Johan 1950 den endgültigen Durchbruch verschaffte.
Trotz des Erfolges einer Kreationen in LE SOIR bemühte sich Peyo lange vergeblich darum seine Zeichnungen in SPIROU, der auflagenstärksten Comiczeitschrift Belgiens aus dem Haus Dupuis, zu veröffentlichen. Erst die Fürsprache Fraquins, den er in seiner Zeit bei CBA kennengelernt hatte, öffnete ihm die Türen bei Dupuis. Man stellte ihm nur eine Bedingung, die Haarfarbe Johans musste von blond in schwarz geändert werden.
Peyo brauchte einige Zeit, um seine eigene Adaption der École Marcinelle zu finden. Mit der 1954 in SPIROU veröffentlichten Johan- Geschichte Le Lutin du Bois aux Roches (dt. Der Kobold aus dem Felsenwald) hat er seinen Stil dann aber gefunden. In dieser Geschichte taucht zum ersten Mal auch der kleine Pirlouit (dt. Pfiffikus) auf. Anfangs war Pfiffikus nur als einmalig auftretender Charakter geplant, doch schon bald wurde er zu einem Hauptcharakter der Serie, die dann auch bald unter dem Titel Johan et Pirlouit (Johan und Pfiffikus) erschienen.
1958 traten erstmals jene Kobolde auf, für die Peyo am Ende weltberühmt werden sollte. In La Flute à six trous (dt. Die Flöte mit sechs Löchern) machten wir erstmals Bekanntschaft mit den possierlichen, blauen Zwergen. Wie auch Pfiffikus waren die Schtroumpfs, wie die Schlümpfe im Original heißen, anfangs keineswegs als Fixpunkte der Serie geplant. Doch ihre unregelässigen Auftritte in der Serie machten sie schon bald sehr populär und die Leser verlangten nach eigenständigen Geschichten. So entstand 1959 auf Anregung des damaligen SPIROU Chefredakteurs die erste eigenständige Schlumpfgeschichte als sogenanntes Mini-recit, einer kleinen Centerfold- Beilage zum herausnehmen. 1962 fanden sie dann endgültig Eingang in das eigentliche Heft.
Peyo fand viel Gefallen an der Entwicklung von Geschichten mit den Schlümpfe und setzte für die Schlümpfe sogar Johann und Pfiffikus aus.
Seit 1960 arbeitete Peyo aber auch zusammen mit Willy Malaite (Will) an einer Serie über einen Jungen mit Superkräften, der bei Erkältung seine Kräfte verliert: Benoit Brisefer (dt. Benni Bärenstark). Die Bände Les Taxis Rouges (dt. Die roten Taxis) und Madame Adolphine (dt. Madame Albertine) von 1963 zählen nach allgemeiner Ansicht zu den Klassikern der École Marcinelle.
Mitte der Sechziger Jahre gründete Peyo dann sein eigenes Studio. Das war eine gängige Praxis, erfahrene Zeichner holten sich junge Nachwuchskräfte an die Zeichenbretter, die an den Geschichten ihrer Lehrer arbeiteten und zugleich Erfahrung sammeln konnten. Dies gab Peyo mehr Zeit, die Geschichten zu entwickeln, währen seine Mitarbeiter die bereits entwickelten Plots ausarbeiteten. Unter anderem lernten Francois Walthéry, Marc Wasterlain und Derib im Studio Peyo ihr Handwerk.
Ihren endgültigen Siegeszug traten die Schlümpfe aber in den Siebzigern mit der Adaption als Zeichentrickfilm und der einsetzenden Vermarktung an. Die ersten Versuche der Animation durch das Trickstudio Dupuis TVA Anfang der sechziger Jahre blieben ohne großen Erfolg und hatten Peyo alles andere als befriedigt. Daraufhin dauerte es fast 15 Jahre bis die Idee wieder aufgegriffen wurde. Der erste abendfüllende Schlumpffilm (La Flute à six Schtroumpfs) wurde von den französischen Belvision Studios (Dargaud) in Paris produziert und kam 1976 in die Kinos. Gleichzeitig sicherte sich die deutsche Firma Schleich die Rechte an der Produktion kleiner Schlumpf-Plastikfiguren, die schon bald zu einem wahren Verkaufsschlager wurden.
Ironischerweise waren es gerade diese Figuren, die den Schlümpfen auch das amerikanische Fernsehen öffneten. War das Konzept einer Schlümpfe TV-Serie noch Ende der Siebziger in Amerika mehrmals abgelehnt worden, so veranlasste der weltweite Verkaufserfolg der kleinen Plastikwichtel 1982 einen Direktor der NBC zum umdenken. Der Auftrag für die Serie ging an die amerikanischen Hanna-Barbera Studios, die sich schon mit den Feuersteins und den Jetsons einen Namen gemacht hatten. Die Serie (weit über 200 Folgen) trat dann schnell ihren Siegeszug um den Globus an.
Trotz des Erfolges der Trickserie konnten sich die Comics in Amerika aber nie etablieren.
Im Alter von 64 Jahren starb der von einer langen Krankheit schwer gezeichnete Peyo am Heiligabend 1992. (ms)
|