Spirou- Spezial (Teil 1)
1938: Die Anfänge
Die Serie Spirou wurde im deutschen Sprachraum vor allem durch die Veröffentlichungen des Carlsen-Verlags seit Anfang der 80er-Jahre bekannt. Unter dem Titel "Pit & Pikkolo" erschienen in den 60er- und 70er-Jahren jedoch schon einige Folgen in den Kauka-Publikationen Lupo/TipTop und Fix und Foxi.
Spirou ist nicht nur eine nach seinem Titelhelden benannte Comic-Serie. Im (französischsprachigen) Belgien und in Frankreich ist Spirou auch der Titel des ältesten noch existierenden und für die Entwicklung der europäischen Comicliteratur einflußreichsten Comicmagazins (die flämische Ausgabe heißt Robbedoes).
Das Cover der ersten Spirou-Ausgabe von 1938 © 1938 Dupuis
Die Anfänge
Nur kurze Zeit vor Ausbruch des 2.Weltkriegs erschien am 21.04.1938 die erste Ausgabe des Magazins. Auf 16 Seiten im ungewöhnlichen Format 39 x 20 cm wurden -abwechseln farbig und schwarzweiß- jeweils zur Hälfte redaktionelle Beiträge und Comics präsentiert. Mit dabei war natürlich auch das allererste Abenteuer der titelgebenden Figur Spirou. Noch ohne seinen späteren ständigen Begleiter Fantasio erlebte der Hotelpage recht schlicht inszenierte Abenteuer, die von RobVel (=Robert Velter) zeichnerisch umgesetzt wurden.
Sowohl Grafik als auch inhaltliche Qualitäten lassen zu diesem Zeitpunkt keinesfalls erahnen, daß Spirou später zu den wichtigsten und besten franko-belgischen Comicserien überhaupt zählen würde. RobVel gebührt aber immerhin die Anerkennung, die Serie erfunden zu haben. Im Mai 1940 wird dieser in den Krieg einberufen und prompt verwundet. Nachdem Davine (Blanche Dumoulien, ein aus heutiger Sicht unbedeutender Zeichner der ersten Stunde) die Serie kurzfristig übernimmt, kommt Jijé (Joseph Gillain) ab Oktober 1940 zum Zuge.
Im März 1941 übernimmt der inzwischen wieder genesene RobVel die Serie erneut. Der Dupuis-Verlag muß auf drängen der deutschen Besatzer das Magazin im September 1943 einstellen. RobVel verkaufte daraufhin die Rechte an seiner Figur an den Verlag und sollte fortan nie wieder als Spirou-Zeichner in Erscheinung treten.
Die Geschichte des Magazins und der Serie war damit aber keineswegs zu Ende. Redaktion und Zeichner des Verlages blieben zusammen und realisierten im Januar 1944 einen Spirou-Almanach. Auf 160 Seiten wurden alle aus dem Magazin bekannten Serien, darunter auch Spirou, fortgesetzt. Jijé kreierte ein neues Abenteuer von Spirou. In dieser Geschichte trat auch erstmals die Figur Fantasio als ständiger Begleiter des Titelhelden auf. Die Grundzüge der Serie, so wie wir sie heute kennen, waren damit gelegt. Spirou, von RobVel noch als flapsiger Hotelpage kreiert, wurde zunehmend zum überlegt vorgehenden, rational handelnden Abenteurer (behielt aber weiterhin seine rote Kleidung und die Pagenmütze), Fantasio hingegen war als Gegensatz der hektische, bisweilen cholerische Chaot.
Diese Konstellation erlaubte nunmehr Geschichten, die nicht mehr nur eindimensional agierende Slapstick-Elemente enthielten. Slapstick, Abenteuer und die sich aus den grundverschiedenen Charakteren der Figuren ergebenden Konflikte ermöglichten nunmehr Handlungsspielräume, die Serie weiterzuentwickeln. Doch bis es soweit war, sollten noch einige Jahre vergehen.
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